Hämatologische Malignitäten sind Krebserkrankungen des Blutes, der hämatopoetischen Organe und des Lymphsystems, wie zum Beispiel Leukämien oder Lymphome. Die Transplantation von hämatopoetischen Stammzellen stellt oft die einzige mögliche Lösung zur Behandlung dieser Erkrankungen dar. Neben dem Knochenmark befinden sich diese Zellen auch im Nabelschnurblut.
Zu den Vorteilen der Transplantation von hämatopoetischen Stammzellen aus Nabelschnurblut gehören insbesondere eine geringe Rezidivrate der Erkrankung und ein geringes Risiko einer Graft-versus-Host-Erkrankung. Die Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) ist eine sehr unerwünschte und schwerwiegende Komplikation, die nach einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation auftreten kann. Die Ursache dafür ist die Reaktion der Immunzellen des Transplantats des Spenders gegen die Zellen des Patienten. Diese Reaktion ist sehr gefährlich und kann tödlich sein.
In einigen Fällen kann jedoch eine geeignete Einheit Nabelschnurblut für einen bestimmten Patienten weniger hämatopoetische Stammzellen als notwendig enthalten. Es wurden bereits erhebliche Anstrengungen unternommen, um Technologien zur Expansion (Vermehrung) hämatopoetischer Stammzellen aus Nabelschnurblut zu entwickeln. Ziel dieser Studie war es, die Sicherheit und Machbarkeit der Transplantation von mit UM171 expandierten Stammzellen aus Nabelschnurblut bei Patienten mit hämatologischen Malignitäten zu untersuchen, für die kein geeigneter Spender gefunden werden konnte.
Studie zum Nachweis der Sicherheit der Verabreichung von mit UM171 expandiertem Nabelschnurblut
Diese einarmige offene Sicherheits- und Machbarkeitsstudie der Phase 1-2 wurde in zwei Krankenhäusern in Kanada durchgeführt. Die Studie wurde in zwei Phasen geteilt. In der ersten Phase erhielten die Patienten zwei Einheiten Nabelschnurblut (ein expandiertes und ein unmanipuliertes Nabelschnurblut), bis die Anhaftung des expandierten Transplantats nachgewiesen wurde. Die Anhaftung des Transplantats ist ein Prozess, bei dem sich die transplantierten hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark ansiedeln und beginnen, gesunde Blutkörperchen zu bilden. Unmittelbar nach der Bestätigung der Anhaftung des Transplantats startete die zweite Phase der Studie.
In dieser Phase wurde den Patienten nur eine Einheit des bereits expandierten Nabelschnurblutes verabreicht. Es gab folgende Kriterien für die Studienteilnahme: Patientenalter 3 – 64 Jahre, Körpergewicht mindestens 12 kg und hämatologische Malignität mit Indikation zur allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation.
An der Studie nahmen zwei Kliniken teil. Diese Einrichtungen waren nur für erwachsene Patienten bestimmt, und pädiatrische Patienten (<18 Jahre) wurden letztendlich nicht in die Studie aufgenommen. Zu den primären Zielindikatoren der Studie gehörten vor allem die Machbarkeit der Expansion hämatopoetischer Stammzellen aus Nabelschnurblut, die Sicherheit der Transplantation und die Mindestanzahl an Nabelschnurblutstammzellen in der Einheit vor der Expansion. Diese Studie wurde auf ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT02668315 registriert und erfolgreich abgeschlossen.
Studienergebnisse
Zwischen dem 17. Februar 2016 und dem 11. November 2018 wurden 27 Patienten in den ersten Teil der Studie eingeschlossen, wobei vier Patienten aus Sicherheitsgründen zwei Einheiten Nabelschnurblut erhielten. Anschließend wurden 23 Patienten in den zweiten Teil der Studie eingeschlossen. Im zweiten Teil wurden 22 Patienten Zellen nur aus einer expandierten Einheit transplantiert. Die Mindestanzahl an CD34-positiven Zellen (verantwortlich für die Blutbildung) pro Einheit Nabelschnurblut nach dem Auftauen, die eine schnelle Anhaftung des Transplantats nach der Expansion ermöglichte, betrug 0,52 x 105. Die Erfolgsrate der Expansion betrug 96 % – mit UM171 konnten 26 der 27 Einheiten Nabelschnurblut vermehrt werden. Es traten keine unerwarteten unerwünschten Ereignisse auf. Leider ist einer der 22 Patienten an der Krankheit verstorben.
Es wurde nachgewiesen, dass die Expansion hämatopoetischer Stammzellen machbar und sicher ist, und es können auch kleine Einheiten von Nabelschnurblut hinsichtlich der Zellzahl eingesetzt werden. Außerdem gab es keinerlei Komplikationen im Zusammenhang mit der Anhaftung des Transplantats.
Die Expansion der Nabelschnurblutzellen bietet die Möglichkeit, die Nachteile der hämatopoetischen Stammzelltransplantation aus Nabelschnurblut zu eliminieren und gleichzeitig den enormen Vorteil des geringen Risikos einer chronischen GvHD und eines Krankheitsrezidiv beizubehalten.
Quelle: https://www.thelancet.com/journals/lanhae/article/PIIS2352-3026(19)30202-9/fulltext